Mittwoch, 5. Oktober 2016

Schmerzklinik Kiel - Tag 7

Schmerzklinik Kiel - Tag 7

es wird besser...


die letzten Tage gab es nicht wirklich viel zu berichten. Das Wochenende war für mich einfach nur grässlich. Man kennt noch niemanden und hat auch nichts vor, dann kam noch der Tag der deutschen Einheit dazwischen. In meinem Dorf wurde ein großes Fest gefeiert, das Fernsehen war da und hat es übertragen. Nur ich saß in Kiel und habe Däumchen gedreht! Dementsprechend war ich schlecht drauf und versuchte mich abzulenken.
Mittlerweile geht es auch mit der Müdigkeit, mein Körper scheint sich an die neuen Medikamente zu gewöhnen. Das Sportverbot habe ich auch hinter mir und kann nun endlich an allem teilnehmen. Die ersten Seminare kannte ich teilweise schon von meinem letzten Aufenthalt hier, habe jedoch auch neues dazu lernen können. Es gibt definitiv neue Wege gegen meinen Schmerz, die ich zu Hause mit meinem Arzt durchsprechen kann.
Heute findet hier im Haus eine Pressekonferenz über die neue Schmerzklinik Kiel-App statt. Es dürfen eine Hand voll Patienten zuschauen und ich bin sehr interessiert, jedoch weiß ich nicht ob ich so etwas durchhalten könnte.
Ich weiß, die Klinik wird mir helfen, nur wäre ich doch viel lieber zu Hause!

Samstag, 1. Oktober 2016

Schmerzklinik Kiel - Tag 3

Schmerzklinik Kiel - Tag 3

Heimweh


Der Tag begann so merkwürdig. Ich wachte mit einem Traum auf, der mir sagte ich solle Schmerztherapeutin werden. Nun, es gibt wenige Schmerztherapeuten aber wie kommt mein Kopf auf diese Idee? Wo doch Medizin nie ein starkes Interesse von mir war.
So generell weiß ich nicht wo ich hinmöchte, schließlich schränken mich chronische Krankheit und Schmerzen sehr ein. Da ist es schwer sich ernsthafte Ziele für die Zukunft zu setzen!
Doch war mein ungefährer Plan nach dem Jahr Abitur, dass ich gerade mache ein Praktikum bei einem Radiosender zu machen und in die Richtung Moderation zu schnuppern.

Tatsächlich überraschte mich heute zum ersten mal das Heimweh.
Vielleicht lag es daran, dass Samstag und Sonntag kein Programm in der Klinik ansteht.
Ich bekam ein paar Stunden Besuch von meinem Freund, die wir in der Stadt verbummelten. Der Abschied war hart. Mir geht es immernoch sehr schlecht. Ich verstehe das überhaupt nicht, normalerweise habe ich nicht so große Probleme von zu Hause weg zu sein.
Mein Leben gefällt mir nun jedoch auch viel besser als vor zwei Jahren, wo ich das letzte Mal hier war. Daran kann es auch liegen. Oder an der Medikamentenumstellung?
Alles grübeln bringt nichts! Ich versuche mich weiter abzulenken und das Wochenende hinter mich zu bringen. Noch 13 Tage...

Freitag, 30. September 2016

Schmerzklinik Kiel - Tag 2

Schmerzklinik Kiel - Tag 2

von Delfinen und Müdigkeit


nun habe ich auch den zweiten Tag hinter mir und spüre schon die ersten Nebenwirkungen der Tabletten. Starke Müdigkeit begleitet mich den Tag und ab und zu habe ich Magenschmerzen. Wahnsinn wie viele Tabletten man hier pro Tag bekommt. Außerdem muss man sich jeden Tag morgens und abends den Blutdruck messen sowie den ganzen Tag über stündlich einen Schmerzkalender auf einer Skala von 0-5 halten. Die Ärzte sind Zuversichtlich und haben viele Ideen, mit denen es mir besser gehen könnte, diese Ideen probieren sie nun an mir aus. Ich bin jedoch dankbar  und mache alles mit. Hauptsache ich komme aus diesem Dauerkopfschmerz und den 8-10 Migräne Anfällen pro Monat raus.

Der Tag begann um 7:30 wobei ich so verplant war und rumtüddelte dass ich erst 8:16 beim Frühstück war und es somit runterschlingen musste, da es Frühstück in der Woche nur bis 8:30 gibt. Dann lief ich zu meiner ersten Anwendung "Muskel und Nerv". Hier ging es um ein ganz witziges Spiel, das Hühnerspiel. Jeder nahm sich ein Tuch und stopfte es sich in den Hosenbund. Nun musste man sich gegenseitig diese Tücher klauen und sammeln, was gar nicht so einfach war. Vier HulaHoopRinge dienten als Schutzstation vor Tuchdieben. Ich versagte völlig. Dann gab es noch ein paar Dehnübungen. Und in der zweiten Runde konnte ich tatsächlich mit zwei Tüchern gewinnen, da die Reifen nach und nach entfernt wuden. Ich war stolz! Doch merkte ich den Schmerz leider wieder in meinem Kopf drücken.

Nun ging es wieder nach oben in unser Zimmer um auf die Vesite zu warten. Ich schaute aus dem Fenster und sah die Fähre kommen. Ich wusste von Erzählungen dass sich zur Zeit ein Delfin in der Kieler Förde herumtreibt und sich besonders oft an große Schiffe hängt. Nun sah ich ihn mit eigenen Augen auftauchen und war völlig aus dem Häusschen. Was für ein tolles und besonderes Tier! Mit dem Handy konnte ich noch schnell ein Video machen.

In der Visite bekam ich erst einmal ein Sport Verbot für die nächsten drei Tage aufgedrückt. Aufgrund der neuen Medikamente und des Cortisons soll ich mich schonen. Darüber war ich tatsächlich ein wenig traurig, wobei ich mich zu Hause in letzter Zeit so gut wie gar nicht bewege, es sei denn mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren.

Danach schlief ich bis zum Mittagessen in der Hoffnung den Kopfschmerz zu besänftigen, das klappte nur bedingt. Nach dem Essen wurde ich vom Shiatsu-Massagestuhl durchgeknetet und besuchte die Gruppe "Schmerzbewältigung". Hier landete ich erst in der Migräne-Gruppe, die ich schon von vor zwei Jahren kannte also wechselte ich noch schnell zu der gemischten Kopfschmerzgruppe, schließlich hatte auch ich mehrere Diagnosen und wollte mehr darüber erfahren. Diese Stunde war sehr angenehm und enstpannt.

Ich setzte mich noch bis zum Abendessen in das Glastreppenhaus, beobachtete die Fähre ein- und ausfahren und spielte ein wenig Professor Layton auf meinem DS. Nach dem Abendessen fuhr ich mit meiner Zimmergenossin zu Rossmann und besorgte ein mega gut riechendes Badegel, dass ich direkt nach Ankunft in unserer Badewanne anwenden musste. Nun geht es mir wieder realtiv gut. Wenn das mal kein auführlicher Bericht war! So warm in einen Pyjama eingekuschelt werde ich gleich mal in Bett gehen und noch ein paar letzte Nachrichten mit meinen lieben zu Hause austauschen. Ich wünsche allen da draußen einen schmerzfreien und spaßigen Abend. Schließlich ist Freitag und ihr seit in keiner Klinik! Macht was draus!

Donnerstag, 29. September 2016

Schmerzklinik Kiel - Tag 1

Schmerzklinik Kiel - Tag 1

Aufnahme und Zimmerarrest


...endlich kann ich mal etwas aktuelles schreiben! Schon gestern bin ich in Kiel angereist und habe bei einer Freundin in der Nähe übernachtet um heute entspannt in der Schmerzklinik Kiel anzukommen. So hatte ich mir das jedenfalls gedacht. Leider habe ich kaum geschlafen und war total aufgeregt, obwohl ich den Ablauf hier schon von 2014 kenne.
Bevor ich meinen Koffer auspacken durfte, wurde ich erstmal von der Ärztin aufgenommen und untersucht, es wurden ein EKG und ein Blutbild gemacht. Dann konnte ich noch meine Zimmernachbarin kennen lernen. Ansonsten hieß es im Zimmer bleiben. Zwischendurch kommen immer mal Ärzte und Schwestern rein, die etwas abklären müssen, daher der Arrest.

Meine Medikamente werden schon ab dem ersten Tag umgestellt. Ich bin gespannt ob die neuen Medikamente meine dauerhaften Schmerzen etwas lindern. Zur Zeit bin ich bei 8-10 Migräne Tagen pro Monat, was immernoch nicht schön ist. Außerdem habe ich noch diesen Dauerkopfschmerz und nur sehr wenige schmerzfreie Stunden pro Woche. Doch heute wurde eine neue Hoffnung auf Besserung geweckt, denn die Schmerzklinik Kiel ist auf Kopfschmerzen aller Art und Migräne spezialisiert und haben schon einige Patienten geheilt.
Außerdem mache ich nun eine Medikamenten-Pause mit Cortison, leider muss ich deswegen täglich eine Trombose-Spritze in den Bauch bekommen. Die erste heute war nicht schön, ich hoffe ich gewöhne mich dran. Aua.

Sonst war der Tag ziemlich langweilig. Ich lag fertig im Bett herum, habe auf meinem Tablet Netflix geschaut und vor mich hingedöst. Mittagessen gab es auf dem Zimmer, jedoch konnten wir uns zum Abendbrot in den Speisesaal begeben und ein paar Kontakte knüpfen mit den anderen Neuankömmligen.

Morgen geht es dann wohl spannender weiter!

Mittwoch, 10. August 2016

Die Psyche

Die Psyche

Wie viel kann man ertragen?


Mittlerweile sind wir in meiner Geschichte im Jahr 2011 angekommen. Es ist Ende des Jahres und ich befinde mich nach Abbruch meiner Ausbildung in einer Tagesklinik.

Und dies ist die wohl schlimmste Zeit in meinem Leben.
Ich kann und will nicht viele Worte für diesen Teil meines Lebens nutzen.

Ich war einsam und fühlte mich wie der letzte Versager. Ich war komplett ausgelaugt und mein Immunsystem immer noch nicht auf der Höhe. Immerhin die Gürtelrose bin ich losgeworden, nachdem ich sie besprechen lassen habe.

Die Migräne kam nun öfter. Nur wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht offiziell dass es eine Migräne ist. Immer wieder schlug man mir vor, eine psychiatrische Klinik aufzusuchen doch ich wollte nicht in die "Klapse" oder "eingesperrt sein".

Anfang 2012 bin ich dann trotzdem in solch eine Klinik gegangen. Hier wurden routinemäßig MRT und CT gemacht, jedoch nichts auffälliges gefunden, was auf meine Beschwerden hindeuten könnte. Lediglich eine der Schrauben hatte sich minimal verschoben, was jedoch nicht weiter schlimm ist. Ich habe also offiziell eine Schraube locker!
Ich kam als kleines Häufchen Elend in die Klinik und mir wurde gesagt ich brauche keine Hilfe, weil ich ja gesund sei. Als ich mich nach gut drei Monaten selbst entließ um meinen Umzug zurück nach Nordfriesland zu organisieren meinten sie dann plötzlich ich wäre sehr krank und dürfte auf keinen Fall gehen. (Wollen Ärzte eigentlich immer das Gegenteil von dem was man selbst will?!)
Ich zog vorerst wieder bei meinen Eltern in Garding ein.

Hier war ich immer noch das kleine Häufchen Elend. 

Ich verbrachte von nun an viel Zeit in meinem alten Kinderzimmer mit runtergelassenen Rollos in der Dunkelheit - und schaute irgendwelche Serien.

Donnerstag, 4. August 2016

Die Anfänge der Migräne

Die Anfänge der Migräne

...und leider wieder ein Rückschlag

nun kann man dem Titel schon entnehmen, dass es leider kein Happy End für mich gab. Und mittlerweile weiß ich, dass meine heute chronische Krankheit tatsächlich nicht direkt mit meinem Unfall zusammen hängt. Doch nun erst einmal eins nach dem anderen...

In meiner Geschichte haben wir nun das Jahr 2010. Es war der Sommer meines Lebens. Es ist der letzte schmerzfreie Sommer den ich hatte. Ich haute nochmal so richtig auf die Kacke. Mit meinen Freunden machte ich unsere ganze Halbinsel unsicher. Wir waren am Strand von St. Peter-Ording, gingen im Tetenbüll Spieker Nachtbaden und veranstalteten nächtliche Lagerfeuer auf einem Feld. Außerdem besuchten wir zusammen das Hurricane-Festival in Scheeßel und das Deichbrand-Festival bei Cuxhaven. Ich hatte so viel Spaß und genoss die Zeit sehr. So konnte ich dann braungebrannt vom Sommer meine Sachen packen und nach Hamburg ziehen, wo ich Anfang August meine Ausbildung beginnen sollte.

Am Anfang lief alles unproblematisch. Ich hatte eine Einzimmerwohnung in Barmbek, die ich jedoch nach kürzester Zeit für eine WG in Bramfeld aufgab. In den Berufsschulzeiten kam ich in Kiel im Internat unter. Die Ausbildung lief gut bis ich einmal krank wurde. Scheinbar konnte mein Rücken das ständige rauf- und runterkrabbeln einer Leiter für das Fotografieren von Kleidung nicht ab. Der verkaufsoffene Sonntag und das Fotografieren von Passanten gab mir wohl den Rest. Ich konnte mich Abends nicht mehr regen und meine Beine kribbelten und schmerzten stark. Im Krankenhaus hatte man dann ein Verdacht auf Bandscheibenvorfall, gab mir jedoch erst einmal nur ein Medikament und eine Infusion. Ich war zwar schnell wieder auf den Beinen, jedoch begann nun der große Druck bei der Arbeit. Irgendwann hatte ich Angst krank zu werden, und genau dann wurde ich krank.

Ich war mittlerweile aus der WG ausgezogen und hatte eine schöne Wohnung für mich alleine in Barsbüttel gefunden. Und ich kann mich genau an den Tag erinnern, der wohl mein erster Tag mit Migräne war. Der HSV schaute sich an diesem Tag junge Fußballtalente in einem Dorf nördlich von Hamburg an, wir waren vor Ort und fotografierten die jungen Spieler. Der Tag war sehr lang und stressig, und am Ende kam ich mit Kopfschmerzen in meiner Wohnung an. Ich wunderte mich schon, dass diese Schmerzen immer stärker wurden und nichts dagegen half. Erst als ich zu Bett ging und am nächsten morgen aufwachte, waren die verdammten Schmerzen verschwunden.

Ich musste mich immer öfter wegen Kopfschmerzen krank melden, was meinem Chef gar nicht gefiel (ist ja auch verständlich). Der Druck auf mich wurde größer. Betriebsinterne Differenzen auch. 
2011 wurde ich dann plötzlich sehr krank. Es begann mit einer Mandelentzündung, die ich mit meinem Arzt mit Antibiotika behandelte. Nach dem Antibiotika wurde ich jedoch sofort rückfällig und das sogar zweimal. Diese starke Mandelentzündung ging einfach nicht mehr weg. Ich war nach über zwei Wochen gerade wieder einen Tag bei der Arbeit und schon ging es wieder los. Außerdem fiel mir ein Ausschlag am Bauch auf, der sich langsam wie ein Ring um mich bildete.
Dann kam die schockierende Diagnose der Ärztin: Gürtelrose und das Immunsystem total im Arsch. Aus ärztlicher Sicht sollte ich den Betrieb verlassen. 
Ich hatte immer diesen typischen Spruch vor Augen: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre". Doch mein Körper konnte nicht mehr. Ich folgte dem Rat meiner Ärztin und brach die Ausbildung ab.
Dann fiel ich in ein tiefes schwarzes Loch.

Sonntag, 31. Juli 2016

Es geht nach Hause!

Es geht nach Hause!

...Und wie man so durchs Leben eiert...


...ich wollte endlich da raus, endlich wieder nach Hause!
Als die Physiotherapeutin sagte, sobald ich wieder Treppen steigen könnte ohne Pause zu machen dürfte ich gehen, fing ich sofort mit dem "Training" an. Daher mussten sie mich ca 2 Wochen nach dem Unfall gehen lassen. Ich habe mich so gefreut, als ich endlich wieder in Garding war.
2 Monate war ich noch mindestens krank geschrieben. Dann konnte ich wieder zur Schule gehen! Die erste Zeit mit Halskrause, aber immerhin war ich anwesend und am Leben. Ich hatte das Schuljahr schon einmal gemacht und wollte es wiederholen. Blöd nur dass der erste Schultag der Tag meiner OP war und ich somit schon wieder sämtlichen Unterricht verpasst hatte. 

Zudem bekam ich noch weitere Probleme: Kopfschmerzen und Panik. Die Kopfschmerzen waren am Anfang nur das leichtere übel und relativ selten. Die Panikattacken waren zu dem Zeitpunkt ein größeres Problem. 
Beispielsweise konnte ich nach zwei Monaten meine Halskrause immer für einige Stunden im Liegen abmachen... wenn ich mir dann an den Hals fasste, spürte ich sofort dass etwas anders war. Bis heute habe ich das Gefühl der 7. Halswirbel schaut einfach zu weit raus, und auch die Narbe mit den Fingern zu fühlen, jedoch am Nacken selbst nichts fühlen zu können macht es nicht besser.
Diese Situationen brachten mich immer in den Zustand eines verschreckten Kaninchens, das Angst hat jeden Moment gefressen zu werden. Sprich: Ich lag regungslos mit weit aufgerissenen Augen und voller Panik da und mir liefen die Tränen über die Wangen. Eins war klar: Mit meiner Narbe müsste ich mich erst einmal noch anfreunden müssen...

Nun beginnt ein Teil meines Lebens den ich gerne "rumgeeier" nenne. Man eiert halt so rum, weiß nicht wo man hingehört und kriegt einfach nichts gebacken. Ja, genau so ging es mir.

Nachdem ich den ganzen Schulstoff verpasst hatte, suchte ich mir erstmal einen Aushilfsjob in einem Supermarkt. Dort jobbte ich ein paar Monate und meldete mich für das wiederum nächste Schuljahr (2009) an einem Gymnasium in St. Peter-Ording an. Aber auch hier holten mich meine Probleme ein. 
Ich konnte mich nicht konzentrieren, fehlte oft wegen verschiedener Schmerzen und meine Therapien wurden nicht anerkannt. Panikttacken suchten mich mitten in wichtigen Klausuren heim...
Daher verließ ich auch diese Schule wieder und wurde vom Arbeitsamt eingeladen. Man machte mir den Vorschlag, eine Ausbildung in einem Behindertenwerk zu machen, dort wäre ich in einem geschützten Rahmen. Doch ich wehrte mich mit Händen und Füßen gegen diese Idee. Mit Behindertenwerk verband ich in erster Linie Rollstuhlfahrer und Menschen mit Hörgeräten. Also steckte das Arbeitsamt mich erst einmal in eine sogenannte Maßnahme der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein. Hier lernte man in erste Linie das Schreiben von Bewerbungen, jedoch gab es auch noch den Berufsschulunterricht und andere Dinge zur Persönlichkeitsentwicklung, wie Gespräche mit Psychologen oder Theater spielen. Im Nachhinein gab es leider auch wirklich viele Tage, an denen wir uns an diesem Ort zu Tode langweilten!

Im Rahmen der geschriebenen Bewerbungen bekam ich ein Vorstellungsgespräch bei einem Fotografen. Ich hatte Glück und durfte in einem Praktikum mein können unter Beweis stellen.
Dann kam der Tag, an dem ich Peter-Harry Carstensen plötzlich die Hand schüttelte und ihn fotografieren durfte. Dieser Tag war so super und interessant. Doch das beste war, dass mir am Nachmittag meine Lehrstelle zur Fotografin versprochen wurde. 
Nun waren die Weichen für meine Zukunft endlich gestellt!

Samstag, 30. Juli 2016

Bergauf

Bergauf

Es muss erst schlimmer werden, bevor es besser wird!

Der Tag nach der OP war einfach nur mein größter Horror. Ich erfuhr dass die OP doch noch mehrstündig wurde und noch während der OP entschieden wurde anstatt einer Platte vier Schrauben und zwei Verbindungen zu nutzen. Diese könnten auch mein Leben lang drin bleiben.
Meine Mutter war wieder zu Besuch, zum Glück. Im Krankenhaus war es sehr einsam.

Sie war auch an dem Tag da, als der Drainage-Schlauch gezogen werden musste.
Alleine die Vorstellung, dass unterhalb meiner Narbe ein Schlauch aus mir heraus hing machte mich ziemlich fertig. Die Beutel mit Wundflüssigkeit neben meinem Bett ignorierte ich jedoch gekonnt.
Nun kam also der Arzt rein und verkündete, mir diesen Schlauch zu entfernen.
Natürlich weiß ich dass diese Schläuche sehr glatt und dünn sind. Ich schwöre jedoch, in dem Moment hatte ich das Gefühl er zieht mir einen geriffelten, ewig langen Schlauch aus dem Rücken.
Was bin ich froh, dass man sich nicht an Schmerzen erinnern kann!

Noch am selben Tag sollte es wieder losgehen, mich auf die Beine zu bekommen.
Darauf hatte ich richtig Bock! Ich wollte nämlich die ganze Zeit nur eins: Endlich wieder laufen!
"Erstmal versuchen wir es mit sitzen", sagte die Schwester zu mir.
Voll motiviert half sie mir mich aufzusetzen. Die Schmerzen waren nicht das schlimmste. Mein Kreislauf ging sofort in die Knie und alles wurde schwarz vor Augen. Angst und Tränen.
Nein, sitzen fand ich nun blöd, ich wollte nicht ohnmächtig werden und hatte große Angst davor.
So kam es also, dass mein Essen die nächsten Tage so positioniert wurde, dass ich sitzen musste. Ich wurde quasi gezwungen. Das war auf der einen Seite ziemlich gemein, auf der anderen Seite sehr nötig, sonst hätte ich mich wohl nie wieder aufgerafft.

Als das mit dem Sitzen ging, wurde ein Rollstuhl besorgt, mit dem ich von Freunden und Familie durch die Gegend geschoben werden konnte. Es war kein typischer Rollstuhl, wie man ihn halt kennt. Es war eine Art Sessel mit langer Lehne, so konnte ich meinen Kopf anlehnen und musste das Genick nicht zu sehr belasten. Zusätzlich bekam ich nach ein paar Tagen eine schicke neue Halskrause, die mich von nun an weitere 6 Monate begleiten sollte.

Besonders wenn ich Besuch hatte, machte ich große Fortschritte. Am Anfang konnte ich nur wenige Schritte machen ohne zusammenzubrechen, doch nach und nach wurde ich immer fitter!

Dienstag, 26. Juli 2016

Die Operation

Die Operation

mein zweiter Geburtstag

Am 01.09.08 war es dann soweit. Endlich sollte mein Hals wieder zusammen geschraubt werden.
Der ursprüngliche Plan war eine Operation von 1,5 Stunden, in der mir eine Platte ins Genick eingesetzt werden sollte. Auf der einen Seite wollte ich endlich wieder aufstehen und laufen können. Nur hatte ich auch eine riesige Todesangst vor der OP. Diesmal war mein Vater da und sollte mich vor der OP unterstützen. Ich bekam direkt die berühmte "Scheißegal-Tablette" und war dementsprechend drauf. Mein Papa sagte immer wieder, es würde schon alles gut gehen. Anschließend verabschiedete er sich und ich wurde in einen Raum geschoben und an Kabel angeschlossen. Hier verging die Zeit viel zu langsam. Ich dachte schon ich wäre vergessen worden und war weggedöst, erwachte dann aber von einem stechendem Schmerz in meinem Hals. Vermutlich wurde ich gerade intubiert. Ich schlug um mich und versuchte mich zu wehren, dann war ich wieder weg.

Ich konnte nichts spüren oder sehen... auch die Augen öffnen konnte ich nicht. Bewegungslos hörte ich eine Stimme: "Das geht so nicht, sie muss länger schlafen".
Ich hatte das Gefühl nach nur fünf Sekunden sagte dieselbe Stimme "Jetzt ist es ok, wir können sie zurück in ihr Zimmer bringen". Noch immer konnte ich mich nicht bewegen, geschweige denn was sagen. Mein Bett setzte sich in Bewegung und ich spürte wieder etwas: Einen starken Schmerz jedesmal wenn mein Bett über einen kleinen Wiederstand holperte. Vor Schmerzen stöhnte ich auf aber es kamen nur ganz merkwürdige Geräusche aus mir heraus. Es hörte sich an wie ein schreckliches Krächzen.
Der Rest des Tages war dementsprechend gelaufen. Ich habe wirklich nichts und niemanden mehr mitbekommen. Reden war nicht möglich, nur krächzen. Meine Beine kribbelten stark, meinen linken Fuß konnte ich nicht spüren, aber immerhin hatte ich die Operation überlebt.

Dienstag, 19. Juli 2016

Erste Ergebnisse

Erste Ergebnisse

und eine wichtige Entscheidung

Am nächsten Morgen wachte ich völlig fertig auf. Meine Eltern (das heißt bei mir immer meine Mutter mit ihrem Freund) waren ins Krankenhaus gekommen. Das kleine Mädchen im Nebenbett war abgeholt worden. Da noch immer nicht genau klar war, was mit meinem Genick passiert war, wurde noch ein MRT angeordnet.

Als der Arzt mit den Ergebnissen kam, war meine Mutter zum Glück noch da. Er erzählte uns dass die Verbindung hinter der Wirbelsäule durchgerissen war. Man nennt das Hyperflexionstrauma.
Er sagte es gibt die Möglichkeit, dass es von selbst wieder zusammen wächst, jedoch wäre eine Operation der Wirbelsäule zur Stabilisierung ratsam.

Meine Mutter und ich entschieden uns für eine Operation. Das war eindeutig die richtige Entscheidung. Da wäre nämlich nichts mehr von alleine zusammen gewachsen.

Nun stand jedoch das Wochenende vor der Tür, das hieß ich musste noch bis zu dem OP-Termin am Montag warten.

Ich war ans Bett gefesselt und konnte mich kaum bewegen. Ab und zu kam jemand rein und wusch mich. Ich glaube sonst vegetierte ich mit den Augen auf dem Fernseher vor mich hin.

Das absolute Highlight jedoch waren die Besuche vonFamilie und Freunden im Krankenhaus in Flensburg, die ich teilweise wegen des Morphiums nur sehr verschwommen mitbekam. In dieser Zeit konnte ich sehr viel lachen. Meine Freunde, mit denen ich in den Urlaub gefahren war, waren öfter da. Einmal kamen sogar die beiden Jungs aus Bayern, die beim Unfall dabei waren vorbei. Auch ein paar Freunde aus Rendsburg, die ich 2006 auf einem Ärzte-Konzert kennen gelernt hatte, machten sich auf den Weg zu mir nach Flensburg.

Die Größte Überraschung war mein alter Freund Patrick.
Patrick und ich kannten uns schon fast unser gesamtes Leben. Unsere Eltern hatten sich im Urlaub kennen gelernt. Im Norderheverkoog auf Eiderstedt wohnt mein Opa auf einem tollen Hof, auf dem er auch viele Ferienwohnungen vermietet. Patricks und meine Familie waren oft gemeinsam da um z.B. Krabben fischen zu gehen.
Patrick und ich in dem Garten von meinem Opa im Norderheverkoog

Jedenfalls stand auch Patrick plötzlich in meinem Zimmer im Krankenhaus! Das war wirklich eine riesige Freude.

So "überlebte" ich also noch ein weiteres Wochenende bis ich am Montag für die OP geweckt werden sollte.


Donnerstag, 23. Juni 2016

Ankunft im Diako

Ankunft im Diako

schlaflos in Flensburg

Ich habe riesengroßen Durst. Ein Mann, der im Krankenwagen mitfährt möchte mir etwas durch einen Strohhalm anbieten, doch wird daran gehindert. Anscheinend darf ich nichts trinken.
Was er nicht wusste, durch ein Fenster in der Decke des Wagens konnte ich sehen, wie er aus dem Strohhalm trank. Das war schon ein merkwürdiges Gefühl.

Ankunft in Flensburg, irgendwann in der Nacht. Ein Chirurg untersuchte mich, während ich ihn darauf aufmerksam machte, dass mein Arm immernoch taub wäre. Zu diesem Zeitpunkt wusste leider noch immer keiner was mit mir los ist. Ich wurde in ein Bett gelegt und auf die Kinderstation gefahren.
Endlich bekam ich etwas zu trinken und wurde in ein Zimmer mit insgesamt vier Betten gebracht.

Neben mir lag ein kleines Mädchen, vielleicht gerade mal sechs Jahre alt und schrie die ganze Nacht durch nach ihrer Mutter. Ich hätte sowieso nicht schlafen können. Immer wenn ich kurz davor war, erinnerte ich mich daran wie ich in die Luft katapultiert wurde und drohte aufzuprallen.
In Endlosschleife ging mir immer wieder dieser Moment durch den Kopf. Und jedes mal zuckte ich zusammen und schreckte auf.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Krankenhaus Aabenraa

Krankenhaus Aabenraa

Kopf ab?!

An diesen Teil der Geschichte kann ich mich tatsächlich nicht mehr sehr gut erinnern, trotzdem möchte ich meine wenigen Erinnerungen nicht vorenthalten!

Die Krankenwagenfahrt dauerte nicht lange, fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Meine beste Freundin Nora saß bei mir im Krankenwagen und unterhielt sich mit dem Fahrer, während ein Mitfahrer hinten bei mir saß.
Die restlichen Freunde fuhren im Auto hinter dem Krankenwagen her.
Ich habe nicht verstanden warum mein Arm so stark kribbelte und versuchte ständig die Position zu verändern, der Herr im Krankenwagen fing also an, meinen Arm zu massieren, was ich jedoch nicht wirklich spüren konnte. Ich konnte nicht realisieren wie ernst die Lage ist, gleichzeitig glaubte ich aber auch nicht daran, wieder lebend aus dieser Nummer heraus zu kommen.
Dieses Gefühl von innerer Ruhe und fast schon "scheißegal"-Gefühl kennen wohl nur die wenigsten in einer lebensbedrohlichen Situation.

Ein kurzes Gespräch mit dem Herren, der mir den Arm massierte und sogar deutsch konnte:
"Haben Sie Kinder?" "Ja." "Machen Sie nicht den Fehler und kaufen Ihnen ein Trampolin..."

Ankunft im Krankenhaus, ich werde durch die Gänge geschoben. Ich sehe Fenster in der Decke und mein Spiegelbild darin. Oh Gott, ich sehe echt nicht gut aus.

Mir werden meine Klamotten aufgeschnitten und mein Nietengürtel mit großer Mühe abgenommen.
Danach werde ich in einen CT geschoben.

Nach einiger Wartezeit sind wieder alle Freunde beisammen und stehen um mich herum. Auch die beiden Jungs aus Bayern sind dabei. Ein Arzt kommt herein, er spricht sogar deutsch.
Wir fragen: "und was passiert jetzt?" Seine Antwort:"Kopf ab" und lacht. Anscheinend haben Dänen einen anderen Humor. Denn von uns deutschen hat keiner gelacht. Kennt ihr diese rollenden Sträucher (Tumbleweed), die in Westernfilmen durch das Bild rollen? Genau so ein Teil hat in diesem Moment gefehlt.
Der Arzt versucht normal weiter zu sprechen. Man sei sich nicht sicher was passiert ist. Man würde mich normalerweise nach Hause schicken aber zur Sicherheit erstmal liegen lassen und nach Flensburg ins Diako überweisen. Wir beschließen, dass unser Freund Malte mit mir nach Flensburg fährt und der Rest zurück zum Campingplatz um zu packen.

Zwischendurch schafft Nora es meine Mutter ans Telefon zu bekommen, als ich sie am Ohr habe fange ich das erste Mal an zu flennen wie ein Schloßhund, und ich glaube sie auch. Kein Wunder, nur ein paar Jahre zuvor hatte ihr Freund einen schlimmen Sturz von einer Leiter überlebt und auch er wäre fast im Rollstuhl gelandet.

Malte begleitet mich während ich in eine Tiefgarage gefahren werde, wo der nächste Krankenwagen wartet. Plötzlich heißt es, es ist kein Platz mehr im Krankenwagen, und er müsste hier bleiben. Ich höre ihn sagen: "Die anderen sind schon los, wo soll ich denn jetzt hin? Ich kann niemanden erreichen!", doch trotz allem schließen sich die Türen und der Krankenwagen fährt los. Ich fange das zweite mal an zu weinen, zum einen aus Sorge um Malte, der erst 16 ist und nun alleine in einem dänischen Krankenhaus ist, ohne dass ich etwas tun kann. Zum anderen bin ich das erste mal wirklich alleine und habe keine bekannten Gesichter mehr um mich herum. Und das macht mir wirklich zu schaffen.

Montag, 20. Juni 2016

Der Unfall

Der Unfall

...und wie alles begann...


...wo fange ich am besten an? Genau! Am Anfang. 
Also der Tag, der mein Leben ziemlich veränderte. 
Es war der 28.08.2008. 
Das Datum vergesse Ich nie!

Ich war 17 und mit meinen Freunden das erste Mal in den Urlaub nach Dänemark gefahren. Es war unser letzter Tag auf der Insel Rømø. Wir hatten tolle 5 Tage auf einem Campingplatz verbracht. Das heißt, wir haben diesen Campingplatz auch wirklich nicht ein einziges Mal verlassen!
Jeden Tag wurde gekocht und sich vollgegessen und Abends mit anderen Leuten vom Campingplatz getrunken und gefeiert. Nicht nur einmal hatten wir wegen unserer Laustärke ein wenig Stress mit dem Betreiber des Campingplatzes... wahrscheinlich auch deswegen war ich den Tag nicht sehr gut drauf und latschte aus langeweile auf dem Platz herum richtung Spielplatz.
Ich traf noch zwei Jungs mitte 20 aus Bayern, mit denen Ich auf das Hüpfkissen ging. 

Ein Foto kurz vor meinem Unfall
Wir hüpften also auf diesem Hüpfkissen herum und es wurden immer mehr Jugendliche und Kinder, die dazu kamen.
Irgendwann waren wir gut 8 Personen.
Während sieben sich fallen ließen, flog immer einer in die Luft und machte spektakuläre Posen, die wir mit der Kamera festhielten. Im Nachhinein eine wirklich dämliche Aktion! Ein kleines Mädchen hatte schon einen echt guten Abflug gemacht und war auf's Knie gefallen. Die Luft wich immer mehr aus dem Hüpfkissen...
Spätestens da hätten wir aufhören müssen.

Doch gerade als Ich an der Ecke saß und mir meine Schuhe zubinden wollte wurde Ich sehr stark in die Luft geschleudert. Es waren ca 3-4 Meter, die Ich nach oben flog. In dem Moment sah Ich wie die Wolken sich vor meinem Auge langsam drehen. Ich wollte noch meine Arme ausstrecken und mich mit den Händen abfangen aber es war zu spät. Ich knallte mit dem Hinterkopf auf den Betonboden, auf dem die mittlerweile lockere Plane lag. Dabei wurde meine Brust gegen mein Gesicht gedrückt und etwas in meinem Genick riss durch. Meine Freunde haben mir im Nachhinein gesagt, dass man das reißen sehr laut hören konnte.
Es war dunkel um mich und irgendetwas schrie wie am Spieß, wie ein Tier. Ich habe erst spät bemerkt dass das schreien von mir kam. Mein linker Arm war taub aber kribbelte immerhin. Meine Beine fühlten sich komisch an. Meine Wirbelsäule hatte auch ziemlich was abbekommen. 
Ich lag da, halb im Sand, halb auf der Plane. Ich schaute in die geschockten Augen der anderen und dachte nur noch... das wars.

Während ich gestürzt war, waren wohl alle Kinder und Jugendlichen aus Angst weggelaufen, lediglich meine Freunde waren noch da, sowie der Campingplatzbetreiber, der den Krankenwagen gerufen hatte.
Ein älterer Däne stand am Zaun und gaffte mich mit seinem Fahrrad in der Hand an, während ich dort im Dreck lag und dachte ich würde sterben. Das machte mich so wütend dass ich anfing ihn zu beschimpfen, was ihn jedoch nicht störte.
Ich kannte leider nur deutsche Schimpfworte, keine dänischen.
Nach 15 Minuten kam der Krankenwagen und brachte mich Nach Aabenraa ins Krankenhaus.

Da hatte Ich schon längst meine letzten Worte zu meiner besten Freundin gesagt: "Sag Mama und Papa dass ich sie lieb habe!" Heute kann Ich sagen, dass Sie alles richtig gemacht hat. Man wollte mich in die stabile Seitenlage legen, doch sie verhinderte dies und rettete mir so das Leben. Danke, Nora!