Donnerstag, 23. Juni 2016

Ankunft im Diako

Ankunft im Diako

schlaflos in Flensburg

Ich habe riesengroßen Durst. Ein Mann, der im Krankenwagen mitfährt möchte mir etwas durch einen Strohhalm anbieten, doch wird daran gehindert. Anscheinend darf ich nichts trinken.
Was er nicht wusste, durch ein Fenster in der Decke des Wagens konnte ich sehen, wie er aus dem Strohhalm trank. Das war schon ein merkwürdiges Gefühl.

Ankunft in Flensburg, irgendwann in der Nacht. Ein Chirurg untersuchte mich, während ich ihn darauf aufmerksam machte, dass mein Arm immernoch taub wäre. Zu diesem Zeitpunkt wusste leider noch immer keiner was mit mir los ist. Ich wurde in ein Bett gelegt und auf die Kinderstation gefahren.
Endlich bekam ich etwas zu trinken und wurde in ein Zimmer mit insgesamt vier Betten gebracht.

Neben mir lag ein kleines Mädchen, vielleicht gerade mal sechs Jahre alt und schrie die ganze Nacht durch nach ihrer Mutter. Ich hätte sowieso nicht schlafen können. Immer wenn ich kurz davor war, erinnerte ich mich daran wie ich in die Luft katapultiert wurde und drohte aufzuprallen.
In Endlosschleife ging mir immer wieder dieser Moment durch den Kopf. Und jedes mal zuckte ich zusammen und schreckte auf.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Krankenhaus Aabenraa

Krankenhaus Aabenraa

Kopf ab?!

An diesen Teil der Geschichte kann ich mich tatsächlich nicht mehr sehr gut erinnern, trotzdem möchte ich meine wenigen Erinnerungen nicht vorenthalten!

Die Krankenwagenfahrt dauerte nicht lange, fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Meine beste Freundin Nora saß bei mir im Krankenwagen und unterhielt sich mit dem Fahrer, während ein Mitfahrer hinten bei mir saß.
Die restlichen Freunde fuhren im Auto hinter dem Krankenwagen her.
Ich habe nicht verstanden warum mein Arm so stark kribbelte und versuchte ständig die Position zu verändern, der Herr im Krankenwagen fing also an, meinen Arm zu massieren, was ich jedoch nicht wirklich spüren konnte. Ich konnte nicht realisieren wie ernst die Lage ist, gleichzeitig glaubte ich aber auch nicht daran, wieder lebend aus dieser Nummer heraus zu kommen.
Dieses Gefühl von innerer Ruhe und fast schon "scheißegal"-Gefühl kennen wohl nur die wenigsten in einer lebensbedrohlichen Situation.

Ein kurzes Gespräch mit dem Herren, der mir den Arm massierte und sogar deutsch konnte:
"Haben Sie Kinder?" "Ja." "Machen Sie nicht den Fehler und kaufen Ihnen ein Trampolin..."

Ankunft im Krankenhaus, ich werde durch die Gänge geschoben. Ich sehe Fenster in der Decke und mein Spiegelbild darin. Oh Gott, ich sehe echt nicht gut aus.

Mir werden meine Klamotten aufgeschnitten und mein Nietengürtel mit großer Mühe abgenommen.
Danach werde ich in einen CT geschoben.

Nach einiger Wartezeit sind wieder alle Freunde beisammen und stehen um mich herum. Auch die beiden Jungs aus Bayern sind dabei. Ein Arzt kommt herein, er spricht sogar deutsch.
Wir fragen: "und was passiert jetzt?" Seine Antwort:"Kopf ab" und lacht. Anscheinend haben Dänen einen anderen Humor. Denn von uns deutschen hat keiner gelacht. Kennt ihr diese rollenden Sträucher (Tumbleweed), die in Westernfilmen durch das Bild rollen? Genau so ein Teil hat in diesem Moment gefehlt.
Der Arzt versucht normal weiter zu sprechen. Man sei sich nicht sicher was passiert ist. Man würde mich normalerweise nach Hause schicken aber zur Sicherheit erstmal liegen lassen und nach Flensburg ins Diako überweisen. Wir beschließen, dass unser Freund Malte mit mir nach Flensburg fährt und der Rest zurück zum Campingplatz um zu packen.

Zwischendurch schafft Nora es meine Mutter ans Telefon zu bekommen, als ich sie am Ohr habe fange ich das erste Mal an zu flennen wie ein Schloßhund, und ich glaube sie auch. Kein Wunder, nur ein paar Jahre zuvor hatte ihr Freund einen schlimmen Sturz von einer Leiter überlebt und auch er wäre fast im Rollstuhl gelandet.

Malte begleitet mich während ich in eine Tiefgarage gefahren werde, wo der nächste Krankenwagen wartet. Plötzlich heißt es, es ist kein Platz mehr im Krankenwagen, und er müsste hier bleiben. Ich höre ihn sagen: "Die anderen sind schon los, wo soll ich denn jetzt hin? Ich kann niemanden erreichen!", doch trotz allem schließen sich die Türen und der Krankenwagen fährt los. Ich fange das zweite mal an zu weinen, zum einen aus Sorge um Malte, der erst 16 ist und nun alleine in einem dänischen Krankenhaus ist, ohne dass ich etwas tun kann. Zum anderen bin ich das erste mal wirklich alleine und habe keine bekannten Gesichter mehr um mich herum. Und das macht mir wirklich zu schaffen.

Montag, 20. Juni 2016

Der Unfall

Der Unfall

...und wie alles begann...


...wo fange ich am besten an? Genau! Am Anfang. 
Also der Tag, der mein Leben ziemlich veränderte. 
Es war der 28.08.2008. 
Das Datum vergesse Ich nie!

Ich war 17 und mit meinen Freunden das erste Mal in den Urlaub nach Dänemark gefahren. Es war unser letzter Tag auf der Insel Rømø. Wir hatten tolle 5 Tage auf einem Campingplatz verbracht. Das heißt, wir haben diesen Campingplatz auch wirklich nicht ein einziges Mal verlassen!
Jeden Tag wurde gekocht und sich vollgegessen und Abends mit anderen Leuten vom Campingplatz getrunken und gefeiert. Nicht nur einmal hatten wir wegen unserer Laustärke ein wenig Stress mit dem Betreiber des Campingplatzes... wahrscheinlich auch deswegen war ich den Tag nicht sehr gut drauf und latschte aus langeweile auf dem Platz herum richtung Spielplatz.
Ich traf noch zwei Jungs mitte 20 aus Bayern, mit denen Ich auf das Hüpfkissen ging. 

Ein Foto kurz vor meinem Unfall
Wir hüpften also auf diesem Hüpfkissen herum und es wurden immer mehr Jugendliche und Kinder, die dazu kamen.
Irgendwann waren wir gut 8 Personen.
Während sieben sich fallen ließen, flog immer einer in die Luft und machte spektakuläre Posen, die wir mit der Kamera festhielten. Im Nachhinein eine wirklich dämliche Aktion! Ein kleines Mädchen hatte schon einen echt guten Abflug gemacht und war auf's Knie gefallen. Die Luft wich immer mehr aus dem Hüpfkissen...
Spätestens da hätten wir aufhören müssen.

Doch gerade als Ich an der Ecke saß und mir meine Schuhe zubinden wollte wurde Ich sehr stark in die Luft geschleudert. Es waren ca 3-4 Meter, die Ich nach oben flog. In dem Moment sah Ich wie die Wolken sich vor meinem Auge langsam drehen. Ich wollte noch meine Arme ausstrecken und mich mit den Händen abfangen aber es war zu spät. Ich knallte mit dem Hinterkopf auf den Betonboden, auf dem die mittlerweile lockere Plane lag. Dabei wurde meine Brust gegen mein Gesicht gedrückt und etwas in meinem Genick riss durch. Meine Freunde haben mir im Nachhinein gesagt, dass man das reißen sehr laut hören konnte.
Es war dunkel um mich und irgendetwas schrie wie am Spieß, wie ein Tier. Ich habe erst spät bemerkt dass das schreien von mir kam. Mein linker Arm war taub aber kribbelte immerhin. Meine Beine fühlten sich komisch an. Meine Wirbelsäule hatte auch ziemlich was abbekommen. 
Ich lag da, halb im Sand, halb auf der Plane. Ich schaute in die geschockten Augen der anderen und dachte nur noch... das wars.

Während ich gestürzt war, waren wohl alle Kinder und Jugendlichen aus Angst weggelaufen, lediglich meine Freunde waren noch da, sowie der Campingplatzbetreiber, der den Krankenwagen gerufen hatte.
Ein älterer Däne stand am Zaun und gaffte mich mit seinem Fahrrad in der Hand an, während ich dort im Dreck lag und dachte ich würde sterben. Das machte mich so wütend dass ich anfing ihn zu beschimpfen, was ihn jedoch nicht störte.
Ich kannte leider nur deutsche Schimpfworte, keine dänischen.
Nach 15 Minuten kam der Krankenwagen und brachte mich Nach Aabenraa ins Krankenhaus.

Da hatte Ich schon längst meine letzten Worte zu meiner besten Freundin gesagt: "Sag Mama und Papa dass ich sie lieb habe!" Heute kann Ich sagen, dass Sie alles richtig gemacht hat. Man wollte mich in die stabile Seitenlage legen, doch sie verhinderte dies und rettete mir so das Leben. Danke, Nora!